© Inserat für „Admiral“, aus: The Golden Age of Advertising – the 50s, Taschen GmbH, Köln 2005, Seite 160, bearbeitet. (Originaltext: „You’ll fall in love with the BRIGHT NEW LOOK IN HOME APPLIANCES! NOW BROUGHT TO YOU BY ADMIRAL„)
Web-Accessibility Know-how
Barrierefreiheit im Internet sollte so selbstverständlich sein wie die Anpassung von Websites für alle gängigen Browser und Bildschirmgrößen. Ca. 15-20% der Webuser sind direkt von einer Behinderung oder Sinneseinschränkung betroffen. Da Accessibility Vorgaben auch die generelle Benutzbarkeit (Usability) unterstützen, profitieren alle WebnutzerInnen davon.
Was ist Barrierefreiheit
Web Accessibility bedeutet Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderung. Webseiten müssen auch für User mit verschiedensten Sinnesbehinderungen lesbar, bedienbar und verständlich sein und technisch robust genug, um auch mit assistiven Technologien wie Screenreadern oder Sensoren zu funktionieren.
- Webinhalte müssen sich vergrößern (zoomen) lassen, 400% auf einem Laptop mit 1280px Bildschirm ohne querscrollen zu müssen.
Das entspricht der mobilen Ansicht auf einem Smartphone. - Webinhalte müssen lesbar sein, d.h. ausreichend kontrastreich, groß genug und strukturiert.
- Webinhalte müssen auch maschinenlesbar sein, also ohne grafische Ansicht mit Screenreader-Software lesbar.
- Um mit Screenreader navigierbar zu sein, müssen sie semantisch strukturiert sein (Überschriften, Absätze, Listen, Seitenbereiche wie Header, Nav, Main).
- Für wesentliche Bilder und grafische Bedienelemente wird Ersatzinformation in Textform benötigt.
- Auch für zentrale Multimedia Inhalte ist Text-Ersatz erforderlich, Text-Transkriptionen für den Ton und Untertitel bei Videos.
- Webinhalte müssen mit verschiedenen Eingabegeräten bedienbar sein, mit Maus, Tastatur, am Touchscreen, mit einfachen Schaltern oder Sensoren, die z.B. über die Augen oder kleinste Muskelbewegungen oder auch mit Spracheingabe gesteuert werden. Im Prinzip bedeutet das in der Programmierung das Gewährleisten von Tastaturbedienbarkeit.
- Websites müssen einigermaßen standardkonform und robust programmiert sein, damit sie auch mit assistiven Technologien funktionieren.
Diese Vorgaben klingen recht kompliziert. Wenn man sich an die üblichen Webstandards hält, wird Barrierefreiheit in der Programmierung aber zu einem guten Teil mitgeliefert. In der Webredaktion sind Bildbeschriftungen und eine gute Text-Struktur Qualitätsvorgaben und Voraussetzung für Barrierefreiheit.
Begrifflichkeiten
Es gibt international gültige Kriterien für Barrierefreiheit, die vom W3C, dem „World Wide Web Consortium“ festgelegt wurden.
Das W3C ist die Standardsorganisation, die auch die Sprachstandards für HTML, CSS, JavaScript, Bildformate etc. vereinheitlicht.
Die für Barrierefreiheit zuständige Arbeitsgruppe des W3C nennt sich WAI, ein Akronym für „Web Accessibility Initiative“.
Die offizielle für Websites und Apps geltende W3C Recommendation für Barrierefreiheit sind die „Web Content Accessibility Guidelines“ (WCAG). Derzeit gelten die Fassungen WCAG 2.1 und WCAG 2.2. Die dort enthaltenen Empfehlungen sind nach vier Prinzipien gereiht: wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust. Die einzelnen Kriterien (über 60) sind in 3 Stufen eingeteilt, A, AA und AAA.
A Kriterien sind absolute Muss-Kriterien, WCAG AA ist die Stufe, die erreicht werden sollte, damit Webinhalte von allen selbständig bedient werden können, AAA Kriterien sind für bestimmte Zielgruppen mit besonderen Bedürfnissen, wie Menschen mit Lernschwierigkeiten, zugeschnitten. Bei AAA gibt es auch inhaltliche Vorgaben und stärkere Einschränkungen im Design. Für komplexere Websites wird das Level AAA nicht empfohlen.
Gesetzliche Vorgaben
Für Websites, Apps und Webdokumente (meist PDFs) der öffentlichen Hand besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur Barrierefreiheit, laut EU- und nationalen Vorgaben, in Österreich seit 2019 laut Webzugänglichkeitsgesetz. Dieses ist die nationale Umsetzung der eu-weit geltenden Web Accessibility Directive (WAD). Vor 2019 gab es nur einen ungenaueren Passus zur Barrierefreiheit im eGovernment Gesetz. Eine bei der FFG angesiedelte Monitoringstelle überwacht die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Erfüllt werden müssen die Kriterien den EU Norm EN 301 549, die weitgehend auf die aktuell gültigen WCAG, Stufe AA, derzeit WCAG 2.1 AA verweisen.
Mehr Informationen bei der Monitoringstelle unter digitalbarrierefrei.at.
Für Unternehmenswebsites gilt in Östereich seit 2006 ein gesetzlicher Diskriminierungsschutz für Menschen mit Behinderung. Diese können laut Behinderten-Gleichstellungsgesetz (BBGstG) ein Schlichtungsverfahren beantragen und nachfolgend auch Schadenersatz einklagen, wenn sie wesentliche Services im Internet nicht in Anspruch nehmen können.
Die zuständige Stelle ist das Sozialministeriumservice.
Seit 2023 gilt für Unternehmen auch das Barrierefreiheitsgesetz mit Umsetzungsfrist Ende Juni 2025. Es ist die nationale Umsetzung des EU weit geltenden European Accessibility Act. Es betrifft Unternehmen über 10 Mitarbeiter:innen bzw. ab einer bestimmten Umsatzgröße. Besonders gefordert sind Unternehmen im Bankwesen und Mobilitätssektor, Buchungsplattformen, audiovisuelle Mediendienste, Webshops, auch eBooks müssen barrierefrei sein.
Mehr Informationen bei der Wirtschaftskammer unter wko.at.
Für Websites und Apps gibt es in Österreich seit 2019 auch ein Zertifikat für Barrierefreiheit.
Mehr Informationen unter waca.at.